Der „Strich acht“ ist zum Kult-Daimler geworden

© Delius Klasing

„Zur Unterscheidung von den Vormodellen“, so das Autorenteam, „verwendete das Werk für den neuen 200 bzw. 220 nun die Chiffren 200/8 und 220/8.“ Und die Ziffer Acht bezieht sich ganz banal auf das Jahr 1968.

Inzwischen sind die Strich-Achter mit ihren langlebigen Vier-, Fünf- und Sechszylindermotoren in Liebhaberkreisen zu beliebten Klassikern geworden. Dazu trug auch „die enorme Verbreitung des qualitativ hochwertigen und damit äußerst strapazierfähigen Strich Acht“ bei. Die gegenüber den Vorgängern W 110/W 111 geglättete Karosserieform und der Verzicht auf entbehrlichen Chromschmuck trafen offenbar den Zeitgeist. Und auch die Instrumente ließen sich leichter ablesen: „Das beim W 110/W 111 einst als geniale Neuerung gefeierte ,Fieberthermometer’ für die Geschwindigkeitsmessung war wieder einem Rundinstrument gewichen“, diagnostizieren die Autoren.

In ihrem mit einer Vielzahl von zeitgenössischen Aufnahmen (häufig wurden kurzberockte Damen für die Fotos als schmückendes Beiwerk eingesetzt) in der Reihe „Bewegte Zeiten“ erschienenen Buch haben sich die Autoren intensiv und kompetent mit der vom französischen Designer Paul Bracq gezeichneten Strich-Acht-Baureihe auseinandergesetzt. Sie stellen die verschiedenen Modellversionen vor, erklären technische Besonderheiten und Details, machen einen Ausflug in die Welt der Werbung und zeigen exotisch anmutende Umbauten für Bestattungsunternehmen, Rettungskräfte und sogar zum Pick-up mit höhergesetztem Chassis.

Mit fast zwei Millionen Exemplaren war der Strich Acht für die schwäbische Automobilmarke ein voller wirtschaftlicher Erfolg. Er erreichte von Januar 1968 bis Juli 1978 „annähernd die gleiche Stückzahl wie sämtliche Nachkriegs-Personenwagen der Marke Mercedes-Benz vor ihm zusammen.“ Die Baureihe stellte noch bis 2012 „die einzige dar, die in der deutschen Neuwagen-Zulassungsstatistik den VW Golf von Platz eins zu verdrängen imstande war.“ Immerhin war der Strich Acht 1974 das meistgekaufte Neufahrzeug in Deutschland.

Trotz aller Themen- und Detailfülle wäre es schön gewesen, wenn die Autoren für die immerhin fast zwanzig verschiedenen Strich-Achter, vom 200 bis zum 280 CE, eine tabellarische Übersicht mit den wichtigsten technischen Daten angelegt hätten.

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Peter Kurze/Halwart Schrader: Mercedes-Benz /8, W 114/115. Perfektion von ihrer schönsten Seite. 111 Seiten mit 55 Farbfotos, 88 Schwärz-Weiß-Fotos, vier farbigen und acht Schwarz-Weiß-Abbildungen, Format 22 cm x 25 cm, gebunden, Delius-Klasing-Verlag Bielefeld, 2012, ISBN: 978-3-7688-3510-7, 12,90 Euro.

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