Der Paulusweg – Obwohl erst 2004 kreiert, gehört er bereits jetzt schon zu den beliebtesten Trekking-Wegen im türkischen Mittelmeerraum

Landschaftlich reizvoll mit atemberaubenden Aussichten: der Paulusweg.

Der Weg beginnt an den bekannten römischen Ruinenstädten Perge und Aspendos nahe Antalya und folgt nordwärts auf zwei verschiedenen Routen durch das Taurusgebirge nach Adada, einer gänzlich unerforschten antiken Stätte etwa 10 Kilometer von der Küste entfernt ins Landesinnere. Hier treffen sich die beiden Wege und verlaufen gemeinsam gentlag dem Egirdir-See zur Ruinenstadt Antiocia in Pisidien beim heutigen Provinzstädtchen Yalvac. Die Strecken sind Teil eines Geflechts von Handelswegen durch die alten Kulturlandschaften Pamphylien und Pisidien, der Verbindung vom Mittelmeer über die Taurusberge zur anatolischen Hochebene und weiter zum Schwarzen Meer.

Paulus hat die vor über 2000 Jahren von den Römern erbauten Straßen, Wege und Pfade auf seiner ersten Missionsreise benutzt. Um das Jahr 46 n. Chr. betrat er von Zypern kommend in Attalia (dem heutigen Antalya) zum ersten Mal den Boden Kleinasiens. Zusammen mit seinem Gefährten Barnabas überquerte er in mehreren anstrengenden und gefährlichen Etappen die gewaltige Bergkette des Taurus. In den Siedlungen und Städten der römischen Provinz, deren Himmel noch von vielen verschiedenen Göttern bewohnt war, erzählten die beiden von der christlichen Lehre und dem einzigen Gott. Trotz vieler anfänglicher Widerstände entstanden in den Orten entlag ihres Weges die ersten christlichen Gemeinden Kleinasiens, die zwar über ein paar Jahrhunderte noch ein Schattendasein führten, sich aber in byzantinischer Zeit zu bekannten christlichen Wallfahrtsorten entwickelten.

Antiochia in Pisidien war die Hauptstadt der gleichnamigen römischen Provinz im 3. JH. n.Chr. mit 100 000 Einwohnern. Die ausgedehnten, bisher wenig erforschten Ruinenfelder im Norden von Yalvac geben heute eine Ahnung der einstigen Blüte. Das antike Pisidien umfasst heute das Gebiet um die Süsswasserseen Egirdir und Beysehir. Die Region im Norden der Tauruskette hat viel von ihrer Ursprünglichkeit bewahrt und ist landschaftlich sehr abwechslungsreich. Zwischen verschlafenen Marktflecken, karger Bergwelt und türkisgrünen Seen erstrecken sich künstlich bewässerte Rosenfelder und Apfelplantagen. Das Gebiet um den Egirdir-See bietet an heißen Sommertagen angenehm kühle Temperaturen und wird vor allem von Eınheimischen besucht. Der viertgrößte See der Türkei (etwa so groß wie der Bodensee) ist rundum von bis zu 3000 Metern hohen Bergen umrahmt. Das 15 000 Einwohner zählende Städtchen Egirdir am Südwestufer ist Ausgangspunkt für Wander- und Klettertouren in die unberührte Bergwelt.

Pamphylien – die “Türkische Riviera”

Dieser Landstrich war in der Antike das “Land aller Stämme”, die sich hier der Legende zu Folge nach dem Untergang Trojas Ende des 2. JH. v. Chr. ansiedelten. Die ausgedehnte Flachlandschaft prägt die Küstenregion, die sich südlich der Taurusgebirgskette zwischen den Küstenstädten Antalya im Westen und Anamur im Osten erstreckt. Die fruchtbare Schwemmlandschaft und das mediterrane Klima ermöglichen hier eine fast subtropische Vegetation. Die Taurusberge schützen die Küstenregion vor den kalten Nordwinden. Für ausreichend Wasser sorgen die in den Bergen entspringenden Flüsse samt ihrer Nebenarme. Pamphylien ist heute wie damals ein Garten Eden: Baumwolle, Melonen und Tomaten, Bananen, Maulbeer- und Feigenbäume, Orangen- Zitronenhaine wachsen zahlreich.

Das antike Perge, die letzte Station des Paulusweges – war bis zum 7. Jahrhundert eine der größten und wohlhabendsten Städte Pamphyliens. Dem Apostel Paulus begegnete hier zum ersten Maul auf dem Festland der exzessiv gepflegte Artemiskult. Der Tempel der Fruchtbarkeitsgöttin war ein berühmter Wallfahrtsort und sollte erst drei Jahrhunderte später beim Aufstieg Perges zur Bischofsstadt zerstört werden. Trotz mehr als 60-jähriger intensiver Ausgrabungsarbeiten erinnert heute keiner der vielen Steine auf dem riesigen Ruinenfeld an den berühmten Tempel der antiken Stadt. Besonders gut erhalten ist das römische Stadion, das einst Platz für 12 000 Zuschauer bot und damit zu den größten Kleinasiens zählt.

Unterkünfte am Paulusweg

Erst langsam entsteht eine touristische Infrastruktur entlang es Pauluswegs. Nur wenige Orte werden bisher von organisierten Gruppen besucht. Egirdir verfügt über eine größere Anzahl von Hotels und Pensionen, die im Sommer von türkischen Gästen zum Strandurlaub am See gebucht werden wie ebenso von Wanderern und Bergsteigern, die von hier aus Touren unternehmen.

In den kleineren Orten gibt es mittlerweile einige wenige einfache Pensionen.

Der Apostel Paulus

Paulus stammte aus einer strenggläubigen jüdischen Familie aus Tarsus nahe Mersin, das in der damaligen römischen Provinz Kilikien lag. Mersin war damals ein bedeutendes Handelszentrum mit einer großen jüdischen Diaspora-Gemeinde, wie es sie in vielen Küstenstädten des Mittelmeerraums gab.

Von seinem Vater erbte Paulus das römische Bürgerrecht, das nur eine Minderheit der jüdischen Reichsbewohner besaß. Darauf soll er sich später erfolgreich in Konflikten um seine Mission berufen haben.

Paulus selbst legte Wert darauf, dass den Namen Saulus nicht wegen seiner Erfahrung mit Jesus Christus angenommen hatte, sondern dass er seit seiner Geburt einen Doppelnamen führte: Saulus-Paulus. Er gab zwar zu, dass er einen Wesenswandel erfuhr, aber keinen Namenswechsel vornehmen ließ.

Bis zu seiner Bekehrung zum Christentum war Paulus Anhänger eines strengen Pharisäismus, der verlangte, dass auch zum Judentum übergetretene Nichtjuden zu beschneiden seien. Da er sich als “Eiferer des Gesetzes” vestand, wurde er ein erbitterte Gegner jener hellenistischen Judenchristen, die in der jüdischen Diaspora missionierten und dabei neugetauften Heidenchristen die Befolgung der Tora erleichterten, indem sie auf die Beschneidung verzichteten.

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