Der Kampf um Siegprämien im Sand wird heißer – Leistungsdichte im Beachvolleyball enorm angewachsen

Bei den letzten drei Grand Slams – höchste Kategorie der Welttour mit höchstem Preisgeld (insgesamt 800 000 Dollar) und den meisten Punkten für die Weltrangliste – in Moskau, Berlin und nun in Stavanger baggerten sich elf verschiedene Teams in die Runde der besten Vier. Lediglich das amerikanische Spitzenduo mit Ausnahmebeacher Phil Dalhausser, Olympiasieger, Weltmeister, mehrfach Saison-MVP, und Sean Rosenthal gelang zweimal der Sprung ins Halbfinale oder Finale: 3. in Moskau, Finalist in Stavanger.

Ansonsten ein Wechsel auf den Spitzenrängen ähnlich dem der Skijäger im Schnee.

Bei jenen ist nicht selten von einer „Plätze-Lotterie“ die Rede. Wenn äußere Einflüsse – einsetzender Schneefall, verwachste Ski, plötzliche Windböen oder Nebel – mitspielen und das Klassement mit Favoritenstürzen und Außenseiter-Erfolgen durcheinander wirbeln.

Äußere Umstände kann man beim Beachvolleyball vernachlässigen. Zwar gibt es „tiefen“ oder „weniger tiefen“ Sand, hat man die Sonne mal gegen und mal hinter sich, mal weniger oder mehr Wind – aber da zwischendurch die Seiten getauscht  werden, sind die Bedingungen meist für alle gleich.

„Wer meine Favoriten sind?- Ich denke, mindestens zehn bis zwölf Mannschaften kommen hier für den Sieg in Frage“, äußerte Janis Smedins, Olympiadritter mit Martins Plavins 2012 in London, in Cagliari EM-Zweiter mit Aleksandrs Samoilovs, vor dem Berliner Spektakel am Hauptbahnhof. Und der Lette verwies darauf, dass die Dichte in der Weltspitze seit Olympia vor zwei Jahren weiter angewachsen sei: „Wenn man nur zwei Prozent unter seinem Leistungsvermögen bleibt, ist man ganz schnell draußen.“Smedins, der eine Saison in der Halle für Berlin spielte, sich aber in Vorbereitung auf die Olympischen Spiele ganz auf die Zweiervariante Volleyball konzentrierte, hat die Situation eher noch unterschätzt. Als mit den mit den US-Amerikanern John Hyden/Tri Bourne und Ryan Doherty/Nick Lucena sich im Finale um die Siegprämie von 57 000 Dollar stritten, war das ein Novum in der Geschichte der globalen Tourserie. Erstmals machten zwei Qualifikanten – an 27 und 24 im 32-er Hauptfeld gesetzt – das Ende unter sich aus. Und der siegreiche Hyden sorgte für ein zweites Novum – mit 41 Jahren und acht Monaten war er der älteste Akteur mit einem Grand Slam-Erfolg!

„Das war auch für mich eine Riesenüberraschung“, meinte US-Landsmann und FIVB-Referee Keith Murlless. „Die beiden sind im US-Ranking bisher eher die Nummer vier und fünf gewesen.“

Eine Verschärfung des internationalen Konkurrenzkampfes, die es den Nachfolgern des deutschen Olympiasieger-Paares Julius Brink/Jonas Reckermann nach deren Karriere-Abschied nicht leichter macht. Bei den erwähnten drei Wettbewerben landete kein Duo des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) im elitären Kreis der besten Vier.

Doch am Wochenende in Stavanger erreichten die Überraschungs-WM-Dritten des Vorjahres, Jonathan Erdmann/Kay Matysik (Berlin), Position fünf. Erneut Neunte wurde die Neukombination Alexander Walkenhorst/Stefan Windscheif (Solingen/Hamburg) und 17. Sebastian Dollinger/Lars Flüggen (Hamburg). Sie klopfen also an im Zirkel der Besten.

Im Lager der Bikini-Sandpritscherinnen ist die Tendenz zu mehr Podest-Anwärterinnen gleichfalls erkennbar, wenn auch nicht ganz so krass. Neun verschiedene Duos erschienen auf den 12 Topplätzen. Zweimal das US-Paar mit der dreifachen Olympiasiegerin und Mehrfach-Weltmeisterin Kerri Walsh, nun mit April Ross, sowie die Europameisterinnen Madelein Meppelink/ Marleen Van Irsel (Niederlande) und die Spanierinnen Liliana Fernandez/Elis Baquierizo.

Die drei deutschen Weltklasse-Gemeinschaften verbuchten insgesamt bisher einen Sieg durch Laura Ludwig/Kira Walkenhorst (Hamburg), einen dritten Rang in Berlin durch Borger/Büthe, während Katrin Holtwick/Ilka Semmler (Essen/Berlin) nach einem dritten Platz zu Beginn vorübergehend in ein Formtief rutschten und nun  Neunte wurden.

Das Abschneiden der Europäerinnen – in Berlin gewannen die Tschechinnen Krystina Kolocova/Marketa Slukova ihren ersten Grand Slam – signalisiert, dass die Beachspezialisten des alten Kontinents gegenüber den bislang dominanten Vertretern aus Brasilien und den USA aufgeholt haben. Momentan noch mehr bei den Männern als bei den Frauen. Während die Deutschen Karla Borger/Britta Büthe bei der vorjährigen WM in Stare Jablonki mit dem ersten WM-Podest eines europäischen Paares aufwarteten, haben ihre männlichen Kollegen durch Brink/Reckermann und im Vorjahr durch die Niederländer Alexander Brouwer/Robert Meeuwsen bereits zwei WM-Goldmedaillen für Old Europe gekapert.

Der Grund – sie treiben die Professionalisierung ihres Jobs weiter voran. Verzichten – wie Lettlands Sportler des Jahres 2012, Smedins – auf die Hallenpraxis in den Wintermonaten. Und trainieren zu der Jahreszeiten dort, wo es warm ist und die Sonne scheint: Ägypten, Südafrika oder Kalifornien, Neuseeland oder auf den Kanaren. Motto: Erfolgreiche Beachvolleyballer werden im Winter gemacht.

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