Der Kampf des Martin Schulz ums politische Überleben

Martin Schulz
Martin Schulz (SPD). Quelle: Pixabay

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Am Sonntag geht es nicht nur für Martin Schulz um alles. Doch wenn es dumm läuft, steht die gesamte SPD-Führung vor einem Scherbenhaufen. Wir erinnern uns. Vor der Sondierungsphase plusterte sich Schulz auf und verbreitete mit künstlich aufgeblähter Brust euphorischen Siegeswillen.

Vor den Wahlen startete der Parteivorsitzende noch als Adler, breitete seine Schwingen aus und erhob sich in die Lüfte. Bis dahin feierten ihn seine Genossen frenetisch. Doch jetzt versagen sie ihm den Applaus für seinen Höhenflug. Alles deutet darauf hin, dass er als entkräfteter Spatz auf der politischen Realebene zur Landung ansetzt. Es könnte gut sein, dass Schulz trotz aller flatterhaften Bemühungen, nicht zu schnell an Höhe zu verlieren, beim Sonderparteitag am Wochenende tot vom Himmel fällt.

Seit einer Woche gibt er sich bei den Landesverbänden die Klinke in die Hand und versucht, die wütende Basis davon zu überzeugen, dass alles, was er noch am Wahlabend kategorisch ausgeschlossen hatte, jetzt als Maß der Dinge zu verkaufen. Blöd, aber es ihm fehlen die Kunden. Selbst im Internet versuchte er gestern noch mit heftigen Flügelschlägen die letzten Federn zu retten, die ihm beim Flug in luftiger Höhe bündelweise verloren gingen. Allein, es hagelte auf dem Bildschirm überwiegend wütende Smileys.

Wie muss sich ein Politiker fühlen, wenn er sein Publikum um Vertrauen bitten muss. Nennt man das Selbstverleugnung? Wahrnehmungsverzerrung? Politische Blindheit? Längst ist klar, dass er genau jenes Vertrauen verspielt hat, welches er jetzt einfordert. In seinem Facebook-Auftritt spricht er von mehr Geld für Schulen, Gebührenfreiheit bei Kindergärten und der paritätischen Krankenversicherung, von der Stärkung Europas und vom Kampf gegen Sozialdumping. Glaubt er etwa an das, was er seinem Publikum gerade erzählt? Ach ja, möchte man seufzend hinzufügen: Klingt alles ganz schön. Man lehnt sich im Sessel zurück, nimmt Dutzendweise die politischen Konjunktive zur Kenntnis und blendet die immer gleichen Wahlkampfphrasen entnervt aus.

„Was wir bei der Sondierung rausgeholt haben, ist so viel, dass der Parteivorstand dem Ergebnis einstimmig zugestimmt hat“, schob der Parteivorsitzende Schulz mit entschlossener Miene und geballter Faust nach, und der Fernsehzuschauer wird dabei das Gefühl nicht los, dass der Mann kurz vor der eignen Kastration steht. Sie steht ihm sogar ins Gesicht geschrieben, zumal er weiß, dass die SPD in den Verhandlungen mit leeren Händen dastand. Es kommt selten gut an, wenn man mit leerem Beutel große Sprünge machen will.

Und dann bekennt er sich, dieser Schulze. Ein JA zur Groko! Aber mit einer Sollbruchstelle. Der Genosse reibt sich irritiert die Augen. Nach zwei Jahren müsse man überprüfen, was man erreicht habe, so Schulz. Dann könne auf den Parteitagen der SPD darüber befunden werden, ob man weitermache. Mit ihm jedenfalls sei es nicht zu machen, dass getroffene Vereinbarungen im Koalitionsverstrag nicht umgesetzt würden. Guter Gott, denke ich, Martin Schulz setzt nicht nur als gegeben voraus, dass es zu Koalitionsverhandlungen kommt, er zieht auch den Bruch mit der Regierung nach zwei Jahren in Betracht. Unsere geschäftsführende Kanzlerin Frau Merkel wird sich fragen müssen: Weshalb eine Groko, wenn der zukünftige Koalitionspartner bereits vor der Bildung einer Koalition die Scheidung plant?

Nein, ein großer Staatsmann ist er wahrlich nicht, dieser Herr Schulz. Er ist weder ein gewiefter Stratege noch ein kluger Taktiker. Mit seinem opportunistischen Zick-Zack-Kurs verspielt er gerade den letzten Rest an Zustimmung. Einzig seine Sprechblasen, Polit-Metaphern und seine inhaltsleeren Phrasen, die beherrscht er perfekt, zumal er sie im Laufe der Jahre so lange geübt hat, dass er sie sogar im Tiefschlaf rezitieren kann. Das rückgratlose Geschwätz macht den Wähler wütend und ohnmächtig zugleich. Die Quittung? Die konnte jeder heute Morgen in den Nachrichten vernehmen. Die SPD rutschte in der Wählergunst auf 18 Prozent ab. Nein, selbst die siechende SPD hat einen solchen Parteiführer nicht verdient.

Wie sagt man im Volksmund so schön? Politiker sind wie Schlauchboote. Je mehr Luft in ihnen ist, desto besser schwimmen sie oben. Im Falle des Herrn aus Würselen fürchte ich, dass sein politischer Freund Sigmar Gabriel auf die Idee kommen könnte, ihm hinterrücks die Luft abzulassen.

Anmerkung

Vorstehender Beitrag von Claudio Michele Mancini wurde unter dem Titel „Martins Kampf ums Überleben“ im Scharfblick am 18. Januar 2018 erstveröffentlicht.

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