Der isländische Roman „Böse“ hält, was er verspricht – Annotation

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Dieses Buch verlangt Ihre Mitarbeit! Als Leser quält man sich durch Gedankengut und Ereignisse, die einen alles – nur nicht kalt lassen. Ja, der Titel hält, was er verspricht. Hier verschwimmen die Grenzen von Gut und Böse, gestern und heute.
Eine Studentin recherchiert zum Holocaust, verliebt sich in einen ziemlichen Loser und hat heftigen Sex mit einem Rechtsextremisten. Klingt unwahrscheinlich? Dann nehmen Sie sich die Zeit, die Eirí­kur Örn Norödahl sich genommen hat, dieses Dreieck Agnes-í“mar- Arnór auf 658 Seiten zu entwickeln und wieder abzufackeln. Gut ausgehen kann das Ganze ja wohl kaum…
Wir reisen zurück in die litauische Familiengeschichte Agnes‘, in die einsame Kindheit í“mars und die bizarren Auswüchse isländischen Fremdenhasses.

Was das Überraschendste ist: dieser Roman könnte von einer Frau geschrieben worden sein, so glaubhaft, direkt und ungeschminkt fühlt sich der Autor in die Hauptfigur Agnes ein! Mit ihr recherchieren wir persönlich und historisch, wie beiläufig sich das Böse einnistet. In uns.

Dem Verlag ist eine kongruente Gestaltung gelungen, die sich über Kerze, Schrifttyp und Haptik wie ein blitzblaues Wurfgeschoss in unsere Sinne brennt und so schnell nicht wieder loslassen wird.
Lesen Sie Böse, bleiben Sie gut!

Eirí­kur Örn Norödahl wurde 1978 geboren und gilt als das vielversprechendste Talent der isländischen Literatur. Acht Gedichtbände und vier Romane erscheinen seit 2001, für „Böse“ erhielt er den Isländischen Literaturpreis. Wir warten gespannt auf Weiteres.

„Im Talmud steht geschrieben: Du siehst die Welt nicht so, wie sie ist. Du siehst die Welt so, wie du bist.“

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Eirí­kur Örn Norödahl, Böse, Roman, Aus dem Isländischen von Betty Wahl und Tina Flecken, 658 Seiten, Tropen Verlag, 2014, ISBN: 978-3-608-50143-8, Preise: 24,95 € (D)

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