Debüt in der Philharmonie: Otto Waalkes dirigiert die Berliner Symphoniker – Die Berliner Symphoniker und das Konservatorium für türkische Musik gestalten gemeinsame Familienkonzerte

Der betritt In Frack und Lackschuhen und mit einem »Holdrio «die Bühne. »Holdrio!«, echot der Saal. »Wir spielen heute Peter und der Wolf von Sergej Prokowjew. Dieses Stück verdient das beste Orchester und den besten Dirigenten. Das beste Orchester hat abgesagt, da habe ich mir die hier organisiert.«

»Die hier« sind die Berliner Symphoniker mit ihrem Chefdirigenten Lior Shambadal. Am Sonntag nahmen sie in der Philharmonie ihre traditionellen Konzerte für die ganze Familie  wieder auf. Die hatten sie im Jahre 2004 aufgeben müssen, nachdem ihnen der Senat den jährlichen Zuschuß von 3,3 Millionen Euro restlos gestrichen hatte. Auch ihre musikpädagogischen Einsätze in den Schulen konnten sie nicht mehr finanzieren. Mit Müh und Not können sie eine Aboreihe aufrecht erhalten. Das Geld dafür »verdienen« sie auf Tourneen in China, Japan und anderen Ländern, denn die Kosten eines Konzerts sind höher als die Einnahmen. Allein die Saalmiete in der Philharmonie kostet 11 000 Euro.

Erstmals erhielten sie nun eine Zuwendung. Die Mittel von der Deutschen Klassenlotterie Berlin sind einem Projekt gewidmet, das die Zusammenarbeit türkischer und deutscher Musiker in Berlin fördern soll. »Natürlicher« Partner ist das Konservatorium für türkische Musik Berlin. Um das Konservatorium, das zugleich Musikschule und Hochschule ist, schart sich ein großer Kreis ausgezeichneter und populärer Sänger, Instrumentalisten, Komponisten und Musikpädagogen. Besonders am Herzen liegt dem Direktor Nuri Karademirli die Zusammenführung eines Publikums deutscher, türkischer und anderer Nationalität. Hier treffen sich die Interessen und die Erfahrungen beider Partner. Die Konzerte für die ganze Familie sind die ideale Form einer Zusammenarbeit. Für die laufende Spielzeit wurden drei Konzerte vereinbart – zum familienfreundlichen Eintrittspreis von 8 Euro.

Der Auftakt am Sonntag zog 1 800 Besucher in die Philharmonie. Im ersten Teil spielte das Orchester gemeinsam mit türkischen Solisten – herausragend die Sänger Meral Azizoglu und Bekir Ünlüataer – Lieder über Istanbul. Die Kombination klassischer türkischer Instrumente wie die Kurzhalslaute Oud, die Kastenzither Kanun und die Schilfrohrflöte Ney  und die des klassischen Sinfonieorchesters verlangte allen Musikern genaues Hören und Flexibilität ab. Das Publikum begleitete mit rhythmischem Beifall.
Die Zugnummer des Nachmittags war natürlich »Otto«, bestens bekannt aus Funk, Film und Fernsehen. Und der stellte zunächst klar: »Peter und der Wolf ist kein Ballett, keine Sinfonie und keine Oper, denn in der Oper wird gesungen, aber hier wird gesprochen. Und das übernehme ich!«  Und er brachte die Geschichte »rüber«, witzig, charmant, garniert mit eigenen Versen wie »Die Wiese strahlte Ruhe aus, dem Peter zogs die Schuhe aus.« Peter und der Vogel waren »coole Typen«, der Wolf biß nicht zu, sondern machte haps. Brausender Beifall ermunterte ihn, selbst einmal zu dirigieren. Dieses wunderbare Orchester! Sein Debüt in der Philharmonie! Brahms ´ Ungarischer Tanz Nr. 5 warf nicht nur das Publikum um,  sondern auch ihn selbst. Fix rappelte er sich für weitere Zugaben auf. Willkommene Seitenhiebe erlaubte die Fabel vom Fuchs und dem Raben: »Heute ist dieser Rabe weltberühmt unter dem Namen Dieter Bohlen.« Eine Uraufführung war die Fabel »Der Hirsch«, frisch aus der Werkstatt Waalkes ´und seines Arrangeurs Karim Sebastian Elias. Eine makabre Geschichte: die vom großen, grausamen Bären, der eine Todesliste hat, aber prompt den Namen streicht, als das Kaninchen den Mut hat zu fragen: »Kann man auch gestrichen werden?«

Waalkes nach dem Konzert: »Es hat Spaß gemacht. Es freut mich, wenn auch die Musiker Spaß dran hatten. Das Orchester ist sehr flexibel, Lior Shambadal ein einfühlsamer, geduldiger Partner, und mit dem Konzertmeister Hans Maile hatte ich ein ausgezeichnetes Zusammenspiel. Die haben ja eine Affinität zu den Kindern!« Er hat das Angebot gerne angenommen, weil es doch mal was anderes ist, mit einem Sinfonieorchester für Kinder zu spielen. Zum Schluß war er von Kindern umringt. Zufrieden sind auch die Musiker. Sie können mehr spielen. Eine Hilfe, der Zuschuß, aber nur befristet.

Gemeinsame Konzerte gibt es wieder im Januar und im Juni. Und auch Otto wird am 3. Juni wieder dabei sein – bei einem Überraschungskonzert, von dem die Manager noch nichts verraten. Nuri Karademirli glaubt, dass sie noch mehr tun müssen, um ein noch breiteres Publikum zusammenzuführen.

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