Chris Silberer, Lutz Ullrich und Gerd Fischer – Serie: Frankfurter Krimiabend im kaufhausHessen in Frankfurt am Main (1/3)

Gerd Fischer, Chris Silberer und Lutz Ulrich

Erst aber einmal soll es um die gehen, deretwegen die Leute kamen: die drei Autoren, die zu denen gehören, die jüngst Krimis, die in Frankfurt und drumherum spielen, veröffentlicht haben. Nein, nicht beim ehemaligen Frankfurter Verlag Suhrkamp in deren Krimireihe und auch nicht beim noch hier residierenden Eichborn Verlag, dessen Autor Elmore Leonhard gerade den Platz 1 der KrimiBestenliste errang. Heute geht es um Chris Silberer mit „Korbleger“, Lutz Ullrich mit „Tod in der Sauna“ und Gerd Fischer, der „Der Mann mit den zarten Händen“ verfaßte. Begrüßt hatte eine der beiden, die im Jahr 2010 dies Hessenkaufhaus gegründet hatte, und nicht nur auf die hessischen Besonderheiten verwies, sondern auch darauf, daß es auch bei den Lesungen immer um den Menschenschlag „Hessen“ ginge.

Der Begriff „Hesse“ ist dabei ein weiter, denn natürlich zählen nicht Stammeseigenschaften – welche auch? – sondern schlicht die Ansiedelung in diesem Bundesland. Alle drei Krimiautoren – zwei von ihnen sind auch hier geboren – wohnen im Umkreis und in Frankfurt, wo auch ihre Krimis spielen, und alle drei haben einen Brotberuf, wie man das nennt, und schreiben darüberhinaus. Alle drei geben zudem ihre Bücher in kleinen Verlagen heraus, Chris Silberer und Gerd Fischer in eigenen, dazu gegründeten Verlagen und Lutz Ullrich veröffentlicht im Röschen Verlag, was Rös’chen auszusprechen ist, den ein weiterer, schon bekannterer Frankfurter Autor und Krimiautor, Frank Demant mit seinem Kommissar Simon Schweitzer, betreibt, damit in ihm auch andere ihre Frankfurt Krimis u.a. veröffentlichen können.

Soweit das Gemeinsame der drei Autoren, die noch niemals zusammen gelesen hatten und sicher selbst erstaunt waren, wieviele Zuhörer gekommen waren. Darunter auffällig viele junge Leute, die nun erst einmal der Vorstellung von Gerd Fischer lauschten. Er selbst ist in der Werbebranche tätig und „Der Mann mit den zarten Händen“ ist nach „Lauf in den Tod“ schon der zweite Krimi in dieser mainbook-Reihe, aber schon der dritte um Kommissar Rauscher. Daß die Frankfurter allein schon bei dem Namen „Rauscher“ lachen, liegt daran, daß Rauscher eben auch der junge gärende Apfelwein genannt wird. Warum? Weil beim Trinken der Rausch schnell eintritt. Was es dabei mit der Frau Rauscher auf sich hat, müssen wir hier verschweigen.

Unser unverheirateter Kommissar Rauscher aber trinkt gepflegt Äppelwoi aus den gerippten Gläsern, aber auch aus anderen, und führt uns wirklichkeitsnah durch den Krimi, der eine interessante fast esoterische, zumindest aber psychosoziale Note hat, denn derjenige Icherzähler, der in den Kapiteln Null bis Dreiundzwanzig von sich und seinen Händen erzählt, vermittelt uns deren übersinnliche Wirkung deutlich. Das Buch hat also zwei Ebenen, die ineinander geschachtelt sind. Zwischen die Icherzählungen folgen mit Datum und Stundenangabe die Ereignisse aus der Realität, vom Mord und der versuchten Aufklärung, Schritt für Schritt mit vielen Fehlschlägen, eine Aufklärung, die der Mordkommission schließlich dann doch gelingt, während der Leser, vom Autor besserwissend gemacht, schon alles ahnt.

Der Kern der Realität sieht so aus: In einem Bornheimer Mietshaus, wird Marie-Luisa Bonner, 46, unter seltsamen Umständen getötet. Kommissar Andreas Rauscher stößt zunächst nur auf mysteriöse Blutergüsse, ein blondes Haar und viele offenen Fragen. „Es entwickelt sich ein mitreißender Krimi, der von einsamen Herzen, unerfüllten Sehnsüchten und schuldigen Händen handelt“, sagt der Klappentext. Gerd Fischer hat für seine Lesung „Montag, 18. September, 10.53 Uhr“ ausgewählt, die Stelle auf Seite 27, wo nun Rauscher mit seinen Leuten den „großen Bornheimer Stilaltbau“ betritt, wo der Mord passierte. Der Autor hatte sich als zweiten Schwerpunkt seiner Lesung die pikanteste Stelle seines Romans ausgesucht, wo nämlich sein zartbehändeter Mann sich ins Rotlichtviertel des Frankfurter Bahnhofsgebietes aufmacht, auch auf eine nette Prostituierte stieß, die ’Massage` anbietet, von dieser aber mitsamt seiner Morgengabe von 300 Euro hinausgeworfen wird. Einen Rausschmiß, den jeder nachvollziehen kann. Vielleicht nicht, daß sie die Tür noch einmal öffnet und auch das Geld noch hinterherwirft. Fortsetzung folgt.

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Chris Silberer, Korbleger, crimetime Verlag 2010

Gerd Fischer, Der Mann mit den zarten Händen, Mainbook Verlag 2010

Lutz Ullrich, Tod in der Sauna, Röschen Verlag 2010

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