Berlin Volleys schlagen Bresche in die Monotonie des Titelkampfes – 3:2-Erfolg im Halbfinale gegen die Siegmaschine Friedrichshafen

Vier Mal hatten die Berliner, im Vorjahr dem "Bayern München des Volleyballs"  im Finale unterlegen, im Verlauf dieser Saison dem Rivalen gegenüber gestanden. Und jedes Mal – Hauptrunde, Pokal-Halbfinale und erstes Play-off-Duell – das Feld als Verlierer verlassen.

Der Rekordmeister und Titelträger seit 2005 in Folge ist so dominant geworden, dass selbst die eigenen Zuschauer in überschaubarer Zahl zu normalen Bundesliga-Begegnungen in die heimische Arena pilgern. Insofern wird man auch außerhalb der Berlin/Brandenburger Volleyball-Gemeinde das 3:2 als willkommene Attacke auf den vorhersehbaren Gang der Dinge in der Volleyball-Eliteliga begrüßen. BR-Manager Kaweh Niroomand hatte vor dem Anpfiff  sein Wort zum Sonntag mit der Bitte an
das Profiteam verbunden: "Tut mir den Gefallen und spielt so, dass wir am nächsten Sonntag hier bei uns noch ein viertes Spiel erleben dürfen." Letztlich hat das funktioniert. Wie schon zuvor beim ersten Play-off-Viertelfinale gegen
Netzhoppers Königs Wusterhausen/Bestensee. Als Mannschaftsarzt Dr. Oliver Miltner ähnlich appelliert hatte und ein 3:0 heraussprang.

Vor Play-off-Start hatte Niroomand befürchtet: "Es könnte sein, dass die Zeit gegen uns läuft." Denn als die vor der Saison so massiv wie noch nie veränderte Formation Ende Januar langsam ihr Potenzial auszuspielen begann – u.a. im Europacup und dem 3:0-Auswärtserfolg beim Hauptrundenersten Haching -, da verletzte sich Hauptangreifer Paul Carroll an der Schulter. Den MVP der Vorsaison hatte man in einem finanziellen Kraftakt aus Haching weggelotst, um einen Mann für die "big points" in Kopf-an-Kopf-Duellen aufbieten zu können. Doch der australische Linkshänder erreichte im ersten Halbfinale am Bodensee wegen mangelnder Wettkampfpraxis nicht sein Topniveau.

Sein Vertreter, der Serbe Aleksandar Spirovski, blieb unter seinen Möglichkeiten. Erst mit dem finnischen Auswahlspieler Urpo Sivula, eigentlich  Annahme-Außenspieler, als Hauptangreifer wurde Berlin zum Kontrahenten auf Augenhöhe. So war es kein Wunder, dass diesmal Sivula von Anbeginn ran durfte. Und seine Klasse bei Aufschlagknallern und Schmetterschlägen bis zu 120 km/h eindrucksvoll nachwies.

Dennoch und weil Volleyball  in erster Linie ein Mannschaftsspiel ist, gingen die "Riesen vom Bodensee" mit 2:0 Sätzen in Führung. Da der Este Oliver Venno bei Berliner 22:17-Führung mit einer Sechspunkte-Serie von der Aufschlaglinie die Berliner Annahme düpierte. Und so den Unbesiegbarkeit-Nimbus des VfB wieder hervorzauberte.

"Play offs sind die Chance einer neuen Saison, sie sind die Möglichkeit, alle Misserfolge der Hauptrunde auszublenden", hatte Berlins US-Olympiasieger Scott Touzinsky auf einem Pressetermin erläutert. Da müsse "die mentale Einstellung stimmen. Und da muss das Zusammenspiel, das Kämpfen füreinander besonders ausgeprägt sein".

Touzinsky stemmte sich wie Sivula, wie der slowakische Mittelblocker Tomas Kmet (BR-Trainer Mark Lebedew: "Der hatte wie Touzinsky einfach keinen Bock mehr, erneut zu verlieren"), wie der 24-jährige US-Hawaianer Kawika Shoji, seine jungen Mitspieler Rico Galandi, Björn Höhne im Verein mit dem tschechischen Libero Martin Krystof (29) letztlich erfolgreich gegen Saisonniederlage Nummer fünf.

Cheftrainer Lebedew sah den Schlüssel zum Sieg in der Tatsache, "dass die Mannschaft irgendwann im dritten Durchgang den Glauben an den Sieg gefunden und bis zum Ende nicht aufgegeben hat. Und diesmal haben wir die Chancen, die wir schon zwei Mal gegen Friedrichshafen besaßen, auch genutzt."

Manager Niroomand lobte den Trainer für den Mut, weiter Sivula vertraut und die
jungen Shoji (Zuspiel) und Höhne (Annahme-Außenangriff) eingewechselt zu haben: "So hat er das Potenzial der Mannschaft zum Tragen gebracht."

Die BR Volleys hatten keinen Bock auf weitere Misserfolgserlebnisse und so haben sie denn den Bock "Übermannschaft Friedrichshafen" umgestoßen. Und damit im Gaukschen Sinne in der Schmeling-Halle die Stimmungslage "Was für ein schöner Sonntag" geschaffen.

Mittwoch ist Spiel Nummer drei. In Friedrichshafen. Wer spricht dort für die Volleys das "Wort zum Mittwoch"?

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