Auf zum Robbenbaby-Watching im „Helgoländer Hochseewinter“ – Der mächtige meerumtoste rote Fels mit grünem Land und weißem Sand ist auch ein beliebtes Winterziel

Die „Lange Anna“ ist das Wahrzeichen von Helgoland.

Im November und Dezember kommen die Robbenbabys zur Welt. Sie wiegen nicht mehr als zehn bis 14 Kilogramm und werden von einem sehr dichten Fell vor Kälte und Wind geschützt. Genährt durch die extrem fetthaltige Muttermilch wächst den Jungtieren eine dicke Speckschicht, die nach drei bis vier Wochen die isolierende Funktion übernimmt. So können sie nach drei Wochen bereits ca. 50 Kilogramm wiegen. Während dieser Zeit können sich Besucher den putzigen Tieren mit den Knopfaugen bis auf 30 Meter nähern. Nicht nur sie, auch der seichte Südstrand mit dem rot-weiß geringelten Leuchtturm, den neuen Bungalows, dem sonnigen Restaurant und dem schönen Naturschutzgebiet laden Urlauber zum Bleiben. Da wo auf der flachen Düne mit den weitläufigen breiten Naturstränden die kleinen Flugzeuge landen – Vorsicht! -, findet man Feuersteine, die mit Millionen Jahre alten fossilen Muschelschalen besetzt sind.

Eine Sturmflut riss Anno 1720 die Insel in zwei Teile. Mächtig ragt der rote Fels mit dem fast 50 Meter hohen Wahrzeichen, der „Langen Anna“ aus der Nordsee. Werden in naher Zukunft beide Teile wieder vereint? Geplant ist es.

Tagestouristen kommen oft nur der zollfreien Einkäufe wegen, und es lohnt sich in der Tat! Die Reederei Eils macht im Winter Grünkohlfahrten ab Cuxhaven, bei denen man einmal auf der Hochseeinsel übernachten kann. Denn um die Insel mit Unter- und Oberland wirklich kennen zu lernen, braucht man mehr als einen halben Tag. Verweilen möchte man an der Westklippe mit ihren leuchtenden Buntsandsteinschichten. Diesen schönsten Teil des Felsens haben sich Trottellumme, Dreizehenmöwe, Basstölpel, Austernfischer und der Eissturmvogel als ihr Brutrevier angeeignet. Vom Rundweg auf dem grünen Oberland mit den grasenden Heidschnucken sind die Seevögel mit dem Fernglas gut zu beobachten. Besonders lustig im Juni der „Lummensprung“, wenn die flugunfähigen Vögel wie Gummibälle 40 Meter tief aufs Wasser plumpsen.

Schön ist auch der Blick auf die majestätisch vor der Insel dümpelnden weißen Seebäderschiffe, etwa die „Atlantis“, die am frühen Abend mit den Tagesgästen wieder zum Festland fahren. Weder Motorenlärm noch Fahrräder stören die Idylle, die wenigen Autos im Unterland fahren elektrisch leise, und die staubfreie und pollenarme Luft tut ein Übriges. Die einzigen „öffentlichen Verkehrsmittel“ sind der Fahrstuhl zum Oberland – sportliche Leute bevorzugen natürlich die 182 bis 260 Stufen der Treppen – und das Boot zur Düne.

Zur maritimen Flaniermeile mauserten sich die denkmalgeschützten Hummerbuden, ehemalige Fischerhäuser. Hier kann man rumstöbern und im mit dem Deutschen Tourismuspreis 2009 für die Erschaffung des „Helgoländer Hochseewinters“ ausgezeichneten Hotel „Rickmers Insulaner“ die Delikatesse „Knieper“ (Kneifer) essen. Das sind die Scheren des weltberühmten echten Helgoländer Hummers, der vor der Insel auf Felssockeln und nicht im Schlick lebt, weshalb er besonders fein schmeckt. In einem der bunten Holzhäuschen kann man sich sogar trauen lassen. Das finden jedes Jahr rund 100 Paare schick.

Schick fanden auch Dichter und Denker früherer Zeiten die Hochseeinsel, das „Capri des Nordens“. Um 1830 war jeder hier, der einen Namen hatte: Heinrich Heine (1829), Adelbert von Chamisso und Hoffmann von Fallersleben (1841), den das Ambiente zum „Lied der Deutschen“ anregte, unserer Nationalhymne. Man wohnte in Fischerhütten, und selbst Könige lebten ihre Sommerfrische fern höfischer Kultur. Bekannt wurde die Insel in der Deutschen Bucht durch den Physiker Georg Christoph Lichtenberg, der Ende des 18. Jahrhunderts fragte, warum Deutschland noch kein Seebad habe. Bis 1814 war Helgoland dänisch, dann britisch, 1826 wurde es Seebad. Er entdeckte die Insel als Südsee-Atoll – das Designhotel atoll übernahm den Namen -, auf dem man „schöne, verführerische, willige Frauen“ finde. Kaiser Wilhelm II. tauschte Helgoland am 10. August 1890 gegen Sansibar ein und baute es zum stark befestigten Marinestützpunkt aus. Die 1919 zerstörten Anlagen ließ Hitler erneuern. Er hätte lieber ein germanisches „Atlantis“ gehabt. Himmler ließ sogar mit U-Booten nach der sagenhaften Insel suchen.

Die Bombardierung durch England im Zweiten Weltkrieg hinterließ den Trichter einer 5000-Kilo-Bombe, heute ein grün bewachsenes Loch. Das bis zu 20 Meter tiefe und etwa 20 Kilometer lange Bunkersystem, das die Bewohner rettete, kann bei Führungen besichtigt werden.

In eine Gehwegplatte auf der Landungsbrücke eingegraben ist ein Ausspruch von Heinrich Heine: „Das Meer ist mein wahlverwandtes Element und schon sein Anblick ist mir heilsam.“

In der Tat. So unmittelbar wie auf Helgoland können Urlauber die Heilkraft des Meeres fast nirgendwo spüren. Das Kurmittelhaus bietet zur Prävention, Rehabilitation oder einfach zur Entspannung Thalasso-Anwendungen vom Meerwasserbad bis zur Schlickpackung. Das Meerwasser ist das salzhaltigste der gesamten Nordsee und hat einen höchst wirksamen Effekt bei Allergien, Atemwegserkrankungen, Hautkrankheiten, ja sogar Rheuma. Kommt man von einem Spaziergang durchgepustet zurück, geht es zum Aufwärmen in die warmen Meerwasserwellen und in die Saunen des „mare frisicum spa helgoland“ und danach zu einem heißen Eiergrog in die Eiergrog-Stuben auf dem Oberland.

Infos:

Robbenbaby-Watching-Pauschale: Anreise Mittwoch, 2. Dez., 9. Dez. und 16. Dez. 2009 und 6. Jan., 13. Jan. und 20. Jan. 2010. Schiffsreise Cuxhaven-Helgoland-Cuxhaven mit 2 Ü/F im DZ, Dünenführung zu den Robben mit den Naturschutzbeauftragten, Führung durch die Zivilschutzbunker-Anlagen, Besuch des Schwimmbads „mare frisicum spa helgoland“, Inselführung. Preis pro Person 129 Euro (EZ-Zuschlag 10 Euro).

Helgoland Touristik, Tel. (01805)643737, Fax 04725/813725, www.helgoland.de

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