Auf den Spuren des Prinzen von Savoyen, des edlen Ritters, durch Wien – Serie: „Prinz Eugen – Feldherr, Philosoph und Kunstfreund“ im Unteren Belvedere in Wien und sein Widerhall im Augarten (Teil 1/4)

Jacob van Schuppen: Reiterbildnis Prinz Eugen von Savoyen, vor 1721, Öl auf Leinwand, 396 í— 275 cm, Galleria Sabauda, Turin

Die Ehren hatte er sich also ehrlich verdient. Als er mit 20 Jahren Paris verließ, weil er als fünfter Sohn eines Angehörigen der Hocharistokratie keine Aussicht auf Posten und Karriere hatte, zudem seine väterliche Familie am Königshof in Ungnade gefallen war und seine Mutter des Giftmordes ziemlich begründet verdächtigt wurde, da hatte der kleingewachsene, als Abbè beginnende, intellektuell ausgerichtete, den Künsten zugetane und ehelos bleibende zukünftige Generallieutenant, die höchste Armeeposition des Reiches, klein anfangen müssen. Und das hieß für den 1683 nach Wien Gekommenen: Teilnahme an der Schlacht am Kahlenberg/Wien unter dem Regiment Karl von Lothringens, wo Europa in der entscheidenden Abwehrschlacht vor der Übermacht der Osmanen gerettet wurde, die sich so gerne den ’Goldenen Apfel’, wie sie Wien und Österreich nannten, einverleiben wollten, weil sie sich hier sagenhafte Reichtümer erhofften. Mit den Türken ist auch des Prinzen weiterer Lebensweg verbunden und sein Name mit den gewonnenen Schlachten von Mohács 1687, Zenta an der Theiß 1697 und Peterwardein und Belgrad 1717, was nur eine Auswahl ist, denn der Schlachten und Siege war mehr. Alles das wird uns in der Ausstellung beschäftigen, die aber nicht nur dem genialen Heerführer dient, sondern auch dem Kunstfreund, der als der reichste Mann Österreichs galt und als ein Finanzgenie. Hauptsächlich für den Kaiser, aber auch für sich selber.

Seine Bautätigkeit in Wien bildet dabei die Klammer zwischen militärischen Erfolgen und finanziellem Einsatz für die Kunst, denn mit den infolge seiner Siege übereigneten Ländern durch die Krone oder dem finanziellen Entgelt, von dem er sich Land kaufte, begann seine rege Bautätigkeit von Schlössern – seiner gesellschaftlichen Rolle gemäß mußte er repräsentieren – , zum Bauen kam die Ausstattung der Prunkbauten hinzu, zu diesen wiederum die Gemälde- und Antikensammlung, die Sammlung von Büchern und all dem, was einem Mann vom Stande und hoher Gesinnung anstand. Das Untere Belvedere beispielsweise, in dem jetzt im Vorgriff auf die Ausstellung durch den WienTourismus eine Führung mit Ingrid Sawerthal auf den Spuren des Helden durch Wien beginnt, ließ sich Prinz Eugen 1714-16 als Sommerresidenz bauen, nachdem er die außerhalb der Stadt liegenden Weinberge aufgekauft hatte. Erst jetzt – nach dem endgültigen Zurückschlagen der Türken aus Mitteleuropa – hatten die Wiener die Sicherheit gewonnen, auch außerhalb der Stadtmauern leben zu können, denn zuvor gab es ja nicht nur die offiziellen Kriege, sondern die kleinen Scharmützel und Überfälle der umherstreunenden Militärs der Osmanen, vor denen man nur innerhalb der Stadtmauern sicher war. Damit war nun Schluß und gemäß den Sommersitzen der französischen Hocharistokratie, wuchsen auch die ländlichen imperialen Gebäude im Umkreis von Wien, wie das Palais Liechtenstein und wie das alte Jagdschloß Schönbrunn als neuer Schloßbau, beide vor 1700 begonnen.

Dieser Prachtbau Unteres Belvedere, was noch heute zwar schön ist, aber keine schöne Aussicht auf die Stadt mehr gewährt, in dem auch die Ausstellung zu sehen ist, war aber nicht des Prinzen erste Bautätigkeit in Wien, denn schon zuvor hatte er in der Himmelpfortgasse in der Stadt ein mächtiges Palais bauen lassen, das derzeit grundsaniert wird und danach wie zuvor seit 1848 das Finanzministerium beheimatet, die mit den Resten der feudalen Einrichtung, den Schlachtenbildern und anderem, unter sich bleiben, was wir nicht richtig finden. Das Areal des sogenannten Winterpalais hatte der Prinz seit 1694 erworben und ab 1697 den bekanntesten Baumeister der Zeit und Hofarchitekten, Johann Bernhard Fischer von Erlach beauftragt, aus den Vorgängerbauten einen repräsentativen Palast zu machen, der vierstöckig ist und drei imposante Tore aufweist. Ab 1702 baute Lukas von Hildebrandt weiter – aus welchen Gründen Prinz Eugen von Erlach entließ, wissen wir bisher nicht, denn dieser starb erst 1723 und konnte sich im Wettbewerb um den Bau der Karlskirche 1715 gegen Hildebrandt durchsetzen! Aber dieser Architekt Hildebrandt war es dann auch, der für Prinz Eugen alle Folgebauten plante und durchführte, nach dem Unteren Belvedere mitsamt Orangerie das Obere Belvedere(1720-22), die gewaltige barocke Gartenanlage und später Schloß Hof auf dem Marchfeld 1725-29, was vor Bratislava liegt.

Dorthin sind wir aber nicht gekommen, denn wir sind vom Unteren Belvedere aus bei unserem Gang zu Fuß auf den Spuren des Helden erst am Schwarzenbergplatz angekommen. Ein vielbefahrener Platz, an dessen Stadtecke das Palais des Ludwig Viktor von Habsburg steht, des jüngsten Bruders des Kaisers Franz Joseph I. , ein Mann, der angesichts seiner gelebten Skandale gerne verschwiegen wird, was bei dem Spitzamen Luziwuzi tief blicken läßt, an dessen Palais aber ganz oben, von der Straße aus gerade noch zu sehen, auf dem Gesims Prinz Eugen steht, in Stein und für immer die Stadt überblickend, neben ihm Fischer von Erlach und nicht sein Lieblingsarchitekt. Das konnte er sich nicht aussuchen und im übrigen hätte Prinz Eugen sicher auch diese Entscheidung loyal mitgetragen. Fortsetzung folgt.

Ausstellung: bis 6. Juni 2010.

Katalog: Prinz Eugen. Feldherr, Philosoph und Kunstfreund, hrsg. von Agnes Husslein-Arco und Marie-Louise von Plessen, Hirmer Verlag 2010. Zur prachtvollen Ausstellung ein prächtiger Katalog! Deren sechs Kapitel machen auch die Gliederung des Katalogs aus. In der Einleitung stellt Kuratorin Marie-Louise von Plessen die besondere Stellung des sich in Kriegen auszeichnenden Prinzen als europäischer Kulturheros heraus, wobei den Abbildungen: Gemälde, Gegenstände, Stiche, Fotografien viel Raum gegeben ist und ein edler Anstrich im Hochglanzdruck dazu. Wer sich nach der Ausstellung mit dem Geschauten weiterbeschäftigen will, für den ist dieser Katalog unschätzbar, denn in den schriftlichen Teilen erfährt er Vertiefendes und die Bilder evozieren die Ausstellung. Noch besser ist es, sich den Katalog zuvor zu erwerben und in dem Vorher und Nachher seine eigenen Erkenntnisse auszubauen.

Tipp: Gute Dienste leistete uns erneut das kleinen Städte-Notizbuch „Wien“ von Moleskine, das wir schon für den früheren Besuch nutzten und wo wir jetzt sofort die selbst notierten Adressen, Telefonnummern und Hinweise finden, die für uns in Wien wichtig wurden. Auch die Stadtpläne und U- und S-Bahnübersichten führen– wenn man sie benutzt – an den richtigen Ort. In der hinteren Klappe verstauen wir Kärtchen und Fahrscheine, von denen wir das letzte Mal schrieben: „ die nun nicht mehr verloren(gehen) und die wichtigsten Ereignisse hat man auch schnell aufgeschrieben, so daß das Büchelchen beides schafft: Festhalten dessen, was war und gut aufbereitete Adressen- und Übersichtsliste für den nächsten Wienaufenthalt.“ Stimmt.

Anreise: Viele Wege führen nach Wien. Wir schafften es auf die Schnelle mit Air Berlin, haben aber auch schon gute Erfahrungen mit den Nachtzügen gemacht; auch tagsüber gibt es nun häufigere und schnellere Bahnverbindungen aus der Bundesrepublik nach Wien.

Aufenthalt: Betten finden Sie überall, obwohl man glaubt, ganz Italien besuche derzeit Wien! Überall sind sie auf Italienisch zu hören, die meist sehr jungen und ungeheuer kulturinteressierten Wienbesucher. Wir kamen ideal unter im Lindner Hotel Am Belvedere, Rennweg 12, info.wien@linderhotels.at. Sinnvoll ist es, sich die Wien-Karte zuzulegen mitsamt dem Kuponheft, das auch noch ein kleines Übersichtsheft über die Museen und sonstige Möglichkeiten zur Besichtigung in Wien ist, die Sie dann verbilligt wahrnehmen können. Die Touristen-Information finden Sie im 1. Bezirk, Albertinaplatz/Ecke Maysedergasse.

Essen und Trinken: Völlig zufällig gerieten wir am Eröffnungstag der Ausstellung auch in die Eröffnung des NASCH im Hilton Plaza. NASCH heißt das neue Restaurant aus gutem Grund, denn es geht auch ums Naschen, man kann sich seine Vorlieben in kleinen Portionen, dafür vielfältig aussuchen, in der Art der spanischen Tapas. Das Entscheidende am neuen Restaurant im Hilton Plaza aber ist, daß die Grundlage die österreichische Küche ist. Man kann sich quasi durch Österreich durchessen. Wir werden das ein andermal tun und dann darüber berichten.

Mit freundlicher Unterstützung von Air Berlin, dem Wien Tourismus und dem Belvedere.

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