Angriff aufs Schlaraffenland – Junge Wilde sorgen mit vielen Toren für furiosen Bundesligastart

Und das zu Hause in der Arena „Auf Schalke“, gegen den Underdog Hannover, der vor der Saison als Abstiegskandidat Nummer 1 gehandelt wurde und plötzlich mit Eigengewächsen wie Kocka Rausch, Zweitligaverpflichtungen wie Moritz Stoppelkamp und einem vergleichsweise bescheidenen Budget, wie befreit aufspielt. Ein kleiner Trost für den erfolgsverwöhnten Magath mag die Tatsache sein, dass es auch anderen Trainern der vermeintlich Großen schlecht erging, weil diese in großer Zahl hüftsteif und pomadig in die Saison gestartet sind. Strohfeuer oder Trend für die neue Spielzeit?

Was macht nochmal die Attraktivität von Fußball aus? Neben den einfachen Regeln, die das Spiel so schön von der Komplexität des Alltags abheben, sind es die Unwägbarkeiten, die Überraschungen und kleinen bis mittelgroßen Sensationen, die das allwöchentliche Millionärsgekicke immer wieder mit Treibstoff versorgen. Die Ergebnisse des zweiten Spieltages können dabei in dieser geballten Form als besonders bemerkenswert bezeichnet werden.

Ein Blick auf die aktuelle Tabelle verzückt all jene Fußballfans, deren Vereine mit relativ kleinen Etats auskommen müssen und die den arrivierten Geldvermehrungsmaschinen ordentlich in das Süppchen spucken. Da sehen wir die immer noch nicht als Traditionsverein zu bezeichnenden Hoffenheimer an der Spitze, die zwar Geld haben wie Heu, aber immer noch kein vollentwickelter Traditionsclub sind. Es folgen Aufsteiger Kaiserslautern, das kleine Mainz und die beiden Nordklubs aus Hamburg und Hannover.

Das ist genau so unerwartet wie etwa der 12. Tabellenplatz der Bayern oder die rote Laterne der Stuttgarter. Dazu Ergebnisse wie das 3:6 der Gladbacher bei Leverkusen, das man auch nicht gerade alltäglich nennen kann. Der millionenschwere Bayer-Kader galt im Vorfeld als der ausgeglichenste der Liga, aktuell ist die Mannschaft von Jupp Heynckes Neunter. Gewiss nur eine Momentaufnahme, viel zu früh um wirkliche Tendenzen zu erkennen. Und am Ende werden die Reichen der Liga in der Mehrzahl die Sachen wieder unter sich ausmachen. Aber es macht einfach Spaß, den Top-Teams am Anfang dieser Saison beim Straucheln zusehen zu dürfen.

Wie gesagt Schalke, ein extrovertierter Verein positiv Fußballbekloppter, die, weil das Ruhrgebiet eben anscheinend so sein muss, alle Fußball leben, atmen und wer weiß was noch mit ihm anstellen, enormen Druck ausüben können.. Und dann kommt der kleine Diktator Felix Magath daher und reißt mit der Machtfülle eines Imperators ausgestattet und einer geradezu napoleonischen Erfolgsgeschichte im Schlepptau eine Mannschaft auseinander, die in der letzten Saison mit vornehmlich defensiver Qualität enorm erfolgreich spielte. Ergebnis: Waterloo, schlechtester Start seit der Abstiegssaison 1988. Neuester Zugang: Mit Huntelaar wurde für 14 Millionen ein Stürmer verpflichtet. Macht insgesamt eine Summe von 35 Millionen (bei 16 Millionen Transfereinnahmen) für Spieler die teilweise anderswo nur noch zweite Wahl waren. Ein Konzept, das zum Erfolg verurteilt ist, Zeit braucht und nicht wenig von Magaths bestehender Aura des Erfolges lebt. Denn Geld schießt Tore, aber verhindert es auch welche?

Zum Vergleich: das zur Zeit charmant aufspielende Mainz 05 hat gerade mal 3 Millionen in neue Spieler investiert. In Wolfsburg bogen die jungen Karnevalisten einen Drei-Tore-Halbzeit-Rückstand noch in einen verdienten Sieg um. Erstaunlich und seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen. Die jungen Talente, wie der ausgerechnet von Schalke für kleines Geld verpflichtete Lewis Holtby waren günstig und scheinen unter Trainer Thomas Tuchel geradezu aufzublühen. Der nannte sein Konzept auch fragil, aber die Risiken scheinen überschaubarer.

Allgemein scheint es so zu sein, als ob die Mischung zwischen alternden Weltstars wie Raí¹l, van Nistelroy oder Ballack und aufstrebenden, erfreulicherweise oft auch deutschen, Jungspunden zumindest für den neutralen Zuschauer viele aufregende Spiele ergibt. Und so mancher Fan eines arrivierten Klubs wird sich am Ende der Saison verwundert am Kopf kratzen und feststellen, das Geld zwar Erfolg begünstigt, aber noch immer keine Vollgarantie auf Siege und Pokale darstellt.

Denn die Schale kann wie immer nur eine Mannschaft holen und es dürfte klar sein, wer damit gemeint ist. Es ist nicht Schalke 04.

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