Alle gegen alle – hier kann jeder jeden schlagen – Die Bundesliga biegt in die Zielgerade ein

Nach der wieder einmal von Tragik umwehten Partie der Berliner Hertha gegen den VfB Stuttgart, sind aus einem Zwei-Punkte-Rückstand wieder fünf Punkte auf Relegationsplatz 16, der zu zwei Entscheidungsspielen um den Verbleib in der ersten Fußball-Bundesliga berechtigt, geworden. Das lag zum einen daran, dass die Berliner daheim keine Tore erzielen.

Zum fehlenden Glück gesellte sich das Pech von Florian Kringe. Der in Dortmund aussortierte Mittelfeldspieler erlitt am Samstagnachmittag drei Minuten nach seiner Einwechslung in der 66. Minute erneut einen Mittelfußbruch. Die Leihgabe der Borussia hat summa sumarum wenig zum Klassenverbleib beitragen können. Kringe, dessen Saison definitiv beendet ist, muss nämlich wieder operiert werden. Der im Sommer aus dem Ruhrgebiet an die Spree gewechselt 27-jährige Sportler hatte sich bereits in seinem ersten Spiel für die Hertha gegen den FSV Mainz 05 im September dieselbe Verletzung zugezogen und pausierte wochenlang. Zum anderen haderten die Berliner einmal mehr mit dem Schiedsrichter, der eine Großchance von Gekas wegen vermeintlicher Abseitsstellung unterband. Hertha-Manager Michael Preetz will dieser Tage Beschwerde gegen die Benachteiligungen aus Berliner Sicht einlegen. Den Stuttgartern reichte eine mäßige Leistung und ein abgefälschter Sonntagsschuss zu einem glücklichen Sieg vor halbleeren Rängen und wahrte damit seine Träume von Europa.

Zu Gast war Fortuna an diesem Spieltag eher an der Leine. Dort bezwang
Abstiegskandidat Hannover 96 den Meisterschaftsaspiranten Schalke 04 mit sage und schreibe 4:2 in einem Fußball-Krimi, denn nach einem 2:0-Rückstand kamen die Gelsenkirchener noch einmal auf 2:2 ran."Wir haben uns hier verhalten wie eine Amateurmannschaft", sagte Torwart Manuel Neuer nach der Begegnung und sprach damit auch seine Leistung an. Neuer konnte seine Berufung in die Nationalmannschaft an diesem Tage nicht rechtfertigen. Übermütig wie Jack Nicholson als McMurphy bei einem Ausflug in "Einer flog über das Kuckucksnest" rannte er munter über den Rasen statt im Tor zu stehen und Bälle zu halten. Nach René Adler nun Neuer mit Schwächen: Kriegen die Deutschen kurz vor der WM doch noch ein Torhüterproblem? Des einen Leid: Für Hannover war dieser Sieg nicht nur ein ganz wichtiger, nicht eben erwartbarer Dreier, sondern Balsam auf die Seele einer zutiefst verunsicherten und schon verlachten Mannschaft. Sollte eine Seuchensaison doch noch ein gutes Ende für die Niedersachsen bringen? Mit der Euphorie dieses Sieges im Rücken sollte da noch was möglich sein.

Der vermeintlich dritte Nationaltorhüter heißt Tim Wiese, spielt bei Werder Bremen und verlebte am Samstag beim jederzeit ungefährdeten 4:0 seiner Mannschaft einen weitestgehend ruhigen Nachmittag. Zwei Freiburger Chancen in der Anfangsphase vereitelte er sicher, danach kam nichts mehr von den Breisgauern, die in den letzten vier Spielen gegen die Mannschaft von der Weser ein Torverhältnis von 1:20 aufweisen. Werder spielte gewohnt attraktiven Angriffsfußball, Freiburg ist in dieser desolaten Form wieder ein Abstiegskandidat.

Was eigentlich genau mit den ehemaligen Shooting-Stars der Turngemeinschaft 1899 Sinsheim/Hoffenheim los ist, ja das weiß kein Mensch zu sagen. In der aktuellen Rückrundentabelle stehen sie auf dem vorletzten Platz. Angesichts des ideenlosen Gekickes gegen den 1.FC Köln völlig zu recht. Mit 0:2 verloren die anscheinend auch an einem Heimkomplex laborierenden Kraichgauer und lassen ihre Fans leiden. Mit dem Abstieg haben sie trotzdem nichts mehr zu tun.

Der Rest: Frankfurt, mal wieder pfui statt hui, unterliegt ebenfalls formschwankenden Gladbachern, Mainz schlägt Dortmund glanzlos 1:0, wobei der Gästetrainer nachher zufriedener ausschaute als der Gewinner Tuchel; Nürnberg und Bochum spielen gut, verlieren aber gegen die zuletzt kriselnden Nordvereine Wolfsburg und Hamburg und machen den Kampf um Platz 16 wieder spannend.

Tja, und was ist nun eigenlich ganz oben los? Reihenweise verpatzte Spiele aber niemand schlägt daraus entscheidenden Profit. Es scheint so, als wolle sich keiner der Titelanwärter so recht für eine frühe Meisterfeier entscheiden. Wie am Tabellenende bleibt das Rennen um die Schale spannend bis zum Schluss. Magath will gar nicht Meister werden, Heynckes wiegelt auch ab wo er kann, nur Uli Hoeneß dröhnt gewohnt überheblich in die Mikrofone der angeschlossenen Funkhäuser. Aber in einer Saison in der praktisch jeder jeden schlagen kann, singt die dicke Frau ihre Arie bis ganz zum Schluss. Und erst dann weiß man mehr.

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