»Aber dann wird wieder in die Hände gespuckt!« – Nach einem Jahr Stillstand geht es beim Kulturpalast Dresden endlich weiter

»Wir« könnten die ersten denkmalgeschützten Bauteile, die Bronzetüren und diverse Handläufe im Treppenhaus, demontieren. Im September sollen die Zwischenwände abgebrochen werden. Ein offizieller Baustart mit der Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) war zuverlässigen Informationen zufolge für den 19. August geplant, dann abgesagt worden, – aber wann er nun wirklich stattfindet, verrät Lunau auf mehrfache Nachfrage noch immer nicht. Lunaus Optimismus bleibt unerschütterlich. Es gäbe hier trotz aller Verschleppung nur Gewinner. Na klar, wenn man die Arbeitsbedingungen der Dresdner Philharmoniker nicht so verbissen sieht.

Das jahrelange Hickhack um den Umbau des Kulturpalastes geht nachweislich auf Kosten der Musiker der Dresdner Philharmonie, die durch die Verschleppung des Baubeginns und des Fertigstellungstermins von 2015 auf 2017 fast fünf Jahre ohne eigenes Domizil und verteilt auf acht Spielstätten arbeiten müssen. »Wir befinden uns in einer extremen Situation hinsichtlich der künstlerischen Qualität und des logistischen Aufwands. Sie ist nur hinzunehmen, weil wir davon ausgehen, dass der jetzt bekannt gegebene Termin genau überprüft worden ist,« sagt der Chefdirigent Michael Sanderling. Dennoch nimmt Sanderling es noch von der positiven Seite. Das Orchester habe es erstaunlich ruhig hingenommen: »Es ist uns allen lieber, jetzt auf einen verläßlicheren und späteren Zeitpunkt orientiert zu werden als auf einen unzuverlässigen frühen. Die Betonung liegt auf verlässlich.« Mit Aussicht auf einen neuen Konzertsaal mit exzellenter Akustik wären die Musiker in einer Aufbruchstimmung. Sie wären hungrig nach dem neuen Saal. 

Mit Blick auf andere aktuelle Bauprojekte mit horrenden Kostensteigerungen wie bei der Berliner Staatsoper findet Sanderling, dass der Umbau bei einem geplanten Bauvolumen von 81,5 Millionen Euro finanziell kein Fass ohne Boden sein darf. »Wenn das lange und kontroverse Abwägen der Dresdner Stadtpolitik zu irgendetwas gut war, dann dazu, dass jedermann seine Sinne dafür geschärft hat, dass das keine Rechnung ohne Ende sein darf.« Der Chef kann sich dem Vorschlag anschließen, die Stadt Dresden solle wie bei der Waldschlößchenbrücke auch beim Kulturpalast wöchentlich eine Presseinformation herausgeben, welche Arbeiten in der kommenden Woche geplant sind, damit sich jeder vom Fortgang überzeugen kann. Der Senior Architect Christian Hellmund vom Architekturbüro Von Gerkan, Marg und Partner, das den Umbau entworfen und geplant hat, meint: «Wir können die Informationen liefern, wenn der Bauherr das wünscht. Es liegt in unserer Hand, das zu steuern.« Bauherr ist die neugegründete Kommunale Immobilien Dresden GmbH und Co KG, von der sich Lunau verspricht, ein schlüsselfertiges Objekt geliefert zu bekommen. Die Stadtverwaltung leitet den Bau nicht selbst. Dass auch dies seine Tücken haben kann, wird von den Dresdner Stadtoberen gern beiseite geschoben. Da in der kapitalistischen Wirtschaft alle Aufträge von privaten Firmen ausgeführt werden, sind – vorsichtig ausgedrückt – geschäftliche Risiken wie Insolvenzen nicht auszuschließen. Das setzt ein hohes Niveau des Controlling voraus.

Dennoch, viele Dresdner werden aufatmen, wenn es nun endlich losgeht. Der Bauleiter Bernd Adolph hat sein Büro am Altmarkt bezogen, von heute an kommen verschiedene Gewerke ins Haus, im September wird die Baustelleneinrichtung errichtet, ein Kran und Lastwagen werden erst einmal die Trümmer der abgebrochenen Wände abtransportieren. Im Frühjahr beginnt der Neubau des Konzertsaals und in Folge der Einbau der Räume des Kabaretts Die Herkuleskeule und der Stadtbibliothek. Nach allem Hin und Her wird man an das schöne Lied erinnert: »Aber dann wird wieder in die Hände gespuckt…«

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